Dr. Franz Horváth, nicht verwandt und nicht verschwägert mit der Namensgeberin unserer Stiftung, wird über die Geschichte des ungarischen Antisemitismus und Holocaust einen Vortrag im Horváth-Zentrum halten:
Sonntag, den 21. April 2024, 16 Uhr
Familie-Jürges-Weg-1, 64546 Mörfelden-Walldorf.
Dr. Franz Horváth studierte Philosophie und Geschichte in Heidelberg, promovierte dort in Osteuropäischer Geschichte und ist seit 2010 im Schuldienst tätig. Dr. Horváth unterrichtet Geschichte an der Immanuel-Kant-Schule in Rüsselsheim.
Ergänzt wird dieser Vortrag mit Zitaten von ehemals in der KZ-Außenstelle Walldorf Inhaftierten. Sie schildern aus ihrer persönlichen Perspektive die Entwicklung vom assimilierten Leben in Ungarn bis zum Ausschluss aus der Gesellschaft, der offenen Aggression und schließlich der Deportation, nachdem die Wehrmacht ihr Heimatland besetzte. Diese Zitate werden gelesen von jungen Menschen, die an Projekten der Stiftung teilgenommen haben und Mitgliedern des Vorstandes.
Magda Hollander-Lafon, Überlebende der KZ-Außenstelle Walldorf, ist am Sonntag, den 26. November 2023,
“von uns gegangen ist, so wie sie es sich gewünscht hatte: schmerzfrei, friedlich, mit Musik von J. S. Bach und umgeben von ihren Kindern und deren Ehepartnern.”
So schrieb ihre Enkelin Barbara Dupré.
Magda Hollander-Lafon starb im Alter von 96 Jahren; als Todesursache werden Bluthochdruck, Atemnot und schließlich ein Herzinfarkt genannt.
Magda lebte seit vielen Jahrzehnten in der Bretagne, in Rennes, war Autorin verschiedener Bücher und eine außergewöhnlich eindrucksvolle Zeitzeugin für zahlreiche Schulklassen und Erwachsenengruppen.
Mehrfach war sie in Mörfelden-Walldorf zu Gast; ebenso trafen wir sie mit Jugendgruppen bei Seminaren in Paris sowie in der Partnerstadt Vitrolles. Das Gespräch mit der Jugend lag ihr besonders am Herzen. Uns Deutschen begegnete sie ohne einen Anflug von Hass oder Groll. So formulierte sie im Walldorfer Rathaus bei der Gründung der Margit-Horváth-Stiftung am 11. Juli 2004:
“Heute fühle ich mich nicht als Opfer, sondern als Zeugin der Shoah. Fühlte ich mich als Opfer der Shoah, wäre mein Anrecht aufs Leben wichtiger als mein Leben. …
Die Gefahr läge darin, die kommende Generation in einem ausschließlich schmerzhaften Gedanken gefangen zu halten.”
Magda (geb. 15. Juni 1927) stammt aus dem ostungarischen Dorf Zahony; sie wurde in eine säkulare jüdische Familie geboren und erinnert sich vage daran, dass ihr Vater in einer Organisation des jüdischen Arbeiterbundes tätig war.
Im Frühjahr 1944 musste sie — nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht — mit ihren Eltern in das Ghetto im nahegelegenen Nyiregházá; dort verstarb ihr Vater. Zusammen mit der Mutter und ihrer kleinen Schwester Irén wurde sie im Mai nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Von beiden wurde sie bereits auf der Ankunftsrampe getrennt; Mutter und Schwester wurden direkt in die Gaskammer geschickt und ermordet.
So war Magda als knapp 17-jähriges junges Mädchen ohne eine Angehörige im Lager; sie musste dort z.T. die Asche von Ermordeten in einem See versenken.
Im August 1944 wurde sie zusammen mit 1.699 anderen Mädchen und jungen Frauen dem Transport nach Walldorf zugeteilt. Sie erzählte von der schweren Arbeit hier beim Bau der Rollbahnen und erinnerte sich aber auch noch lebhaft daran, dass sie in der Lagerküche unter größtem Risiko mehrfach Brot stahl und dies mit einzelnen guten Freundinnen teilte. …
Im April 1945 wurde sie in Bischofferode befreit, ging zunächst nach Belgien, trat zur katholischen Kirche über und heiratete in den 1950er Jahren nach Frankreich. Magda hat vier Kinder, zahlreiche Enkel*innen und Urenkel.
Der christlich-jüdische Dialog war ihr ein Herzensanliegen; ebenso die Friedensarbeit für die sie in Rennes die “Association pour la paix” gründete. Sie war Katholikin und fühlte sich als Jüdin.
Durch die Recherche ihrer Tochter Anne Anfang der 2000er Jahre und eine Recherche, die wir 1999 in Nyiregházá durchgeführt hatten, lernten wir Magda kennen und luden sie zur Gründung der Margit-Horváth-Stiftung im Juli 2004 ein. Seither gibt es kontinuierlich einen regen und engen persönlichen Kontakt und Austausch zwischen uns.
Die Nachricht von ihrem Tod hat uns nach den vielen Jahren der Freundschaft und der Zusammenarbeit tief erschüttert, auch wenn wir schon lange um ihre Krankheiten wussten.
Wir sind glücklich, dass sie so ruhig und innerlich gelöst entschlafen konnte. Für uns uns aber geht eine Ära zu Ende. Wir haben viel von ihr gelernt: Der Blick, der stets nach vorne gerichtet sein muss, die Arbeit an sich selbst, die Transformation des Leides in eigene positive Lebensenergie.
In tiefer Trauer um einen ganz außergewöhnlichen Menschen.
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Eine Auswahl der bekanntesten Bücher von Magda Hollander-Lafon:
““Unmenschlichkeit mit Menschlichkeit begegnen.”
Lesung und Gespräch mit 110 Schüler*innen aus drei Schulen der Region:
Freitag, 30. Juni 2023, 9:30–11:00
Stadtverordnetensitzungssaal im Rathaus Walldorf, Flughafenstraße 37, 64546 Mörfelden-Walldorf
Unser Gast:
Florence Brokowski-Shekete, erste schwarze Schulamtsdirektorin in Deutschland
Frau Shekete-Borowski, erste schwarze Schulamtsdirektorin in Deutschland, ist zum Gespräch, Diskussion und Lesung ihrer beiden Bücher eingeladen: „Mist, die versteht mich ja! Aus dem Leben einer Schwarzen Deutschen“ (2020) und „Raus aus den Schubladen! Meine Gespräche mit Schwarzen Deutschen“ (2022).
Oberstufenschüler*innen aus drei verschiedenen Schulen haben sich im Vorhinein auf die Thematik vorbereitet, haben jeweils Auszüge aus ihren Büchern gelesen, daraus Fragen entwickelt und dies in eine Beziehung gesetzt zu eigenen Erfahrungen und/oder Beobachtungen zum Thema „Alltagsrassismus heute“.
Das Projekt soll Schüler*innen ermutigen über eigene Diskriminierungserfahrungen zu sprechen, erfahrene Diskriminierung nicht mehr als eigene Minderwertigkeit wahrzunehmen, sondern als Ausdruck des Bewusstseins der Diskriminierenden, die den Grundsätzen unserer Verfassung widerspricht:
„Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. …“ (Art 3, Abs. 3, GG)
In diesem Sinne kann vielleicht die sehr stark und selbstbewusst auftretende Florence Shekete-Borowski ein positives Vorbild, Mutmacherin und Anregung für die Schüler*innen sein.
Dies ist ein gemeinsames Projekt der Margit-Horváth-Stiftung in Kooperation mit der Ricarda-Huch-Schule Dreieich, der Dreieich-Schule Langen und der Bertha-von-Suttner-Schule Mörfelden-Walldorf.
Da sich bereits über 100 Schüler*innen für die Veranstaltung angemeldet haben, können leider nur noch einzelne Erwachsene zusätzlich daran teilnehmen. Wir freuen uns, wenn Sie diese Gelegenheit wahrnehmen, bitte aber dringend um Anmeldung unter: info@margit-horvath.de oder: 06105/406.33.77
Auch dieses Jahr beteiligt sich die Margit-Horváths-Stiftung wieder an der “Woche der Meinungsfreiheit” mit täglich neuen Artikeln zur Situation der Presse– und Meinungsfreiheit in jeweils unterschiedlichen Ländern. Angsichts der aktuellen politischen Lage beginnen wir mit Beiträgen zu den osteuropäischen Ländern Russland, Belarus und Ungarn. Es werden folgen: China, Indien Ägypten und Afghanistan. Wir beginnen am 3. Mai …
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Am 3. Mai starteten wir unsere täglichen Reports zur “Woche der Meinungsfreiheit” mit einem Beitrag zur Lage der Pressefreiheit in Ungarn unter dem Titel “Man darf nicht stumm bleiben!” Den Artikel zu UNGARN finden Sie hier
Am zweiten Tag der “Woche der Meinungsfreiheit” brachten wir einen Artikel zur Lage der Pressefreiheit in Belarus. Den Report zu BEALRUS können Sie weiterhin lesen. Klicken Sie hier.
Am fünften Tag der “Woche der Meinungsfreiheit” brachten wir einen eindrucksvollen Beitrag zur Lage der Meinungsfreiheit in Russland. Auch den Report über RUSSLANDkönnen Sie weiterhin lesen. Klicken sie hier.
Am 8. Mai hatten wir einen ausführlichen Artikel zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Ägypten. Auch den Beitrag ÜberÄGYPTEN können Sie weiterhin lesen. Klicken Sie hier.
Damit endet heute, am 10. Mai, dem Jahrestag der Bücherverbrennung, unsere Artikelserie zur diesjährigen „Woche der Meinungsfreiheit“ nun natürlich wieder mit einem Beitrag zu diesem historischen Ereignis.
Wir danken dem Rotary Club Rüsselsheim/Groß-Gerau für seine großzügige Spende.
Am 27. Januar wurde die Ausstellung, die eine ungewöhnlich eindrucksvolle Resonanz fand, beendet. An diesem Tag sprach vormittags um 10 Uhr Eva Szepesi, die als 12 jähriges Mädchen vor 77 Jahren in Auschwitz befreit wurde.
Um 15 Uhr führten wir ein online Gespräch mit fünf jüdischen und nicht-jüdischen Student*innen durch zur Frage, was dieser Gedenktag für sie als Angehörige der dritten Generation bedeutet und wie das Wissen um den Holocaust heute ihr Verhalten prägt. Dieses Webinar fand in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde Frankfurt und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Frankfurt e.V. statt.
18 Uhr fand die Lesung des letzten Abschnittes aus dem Buch “Die Zertrennung” von Salmen Gradowski statt. Gradowski war polnischer Jude, im KZ Auschnwitz Birkenau inhaftiert und dort im sog. Sonderkommando eingesetzt. Er war dort Teil einer Widerstandsgruppe. Während eines Aufstandes wurde er erschossen.
Im Blick/rheinmaintv zeigte am 27. Januar 2022 einen Bericht über die Ausstellung und Lesung. Er beginnt ungefähr ab der fünften Sendeminute.
Die Hessenschau/HR berichtete über die Lesung von Eva Szepesi am 27. Januar 2022 im Horváth Zentrum.
Klara Strompf, Mitglied unseres Kuratoriums, erstellte mit eigenen Fotos ein persönliches Video zur Ausstellung.
Die Ausstellung soll nun auch in Rijssen/Niederlande gezeigt werden, in dem Museum, das uns “Trudes Puppe” als Leihgabe zur Verfügung stellte. Geplant ist dafür derzeit Anfang Mai im Rahmen der dortigen Befreiungsfeierlichkeiten.
Die Margit-Horváth-Stiftung engagiert sich, um die drohende Abschiebung der Beiden zu verhindern. Wir haben eine Petition online gestellt, wir sammeln Geld, um zu helfen die Anwaltskosten zu bezahlen, wir führen Infoveranstaltungen durch und unterstützen Solidaritätskonzerte.
Die Veranstaltung am Sonntag, 22. September 2019, 18 Uhr, im Horváth-Zentrum wird über die aktuelle Situation von Hamid Mohamadkhari und Maria Pourbakshi informieren und, um dies besser einschätzen zu können, wird gleichzeitig die Situation der politischen Verfolgung im Iran charakterisiert werden. Damit will der „Unterstützerkreis“ und die Margit-Horváth-Stiftung dem Protest gegen die drohende Abschiebung der Beiden weiteren Ausdruck verleihen.
Der Rechtsanwalt von Hamid Mohamadkhari und Maria Pourbakshi hat mit einem Eilantrag Einspruch gegen ihre drohende Abschiebung erhoben. Am 18. September wird darüber ein Gericht in Wiesbaden entscheiden.
Die „Identitäre Bewegung“ ist mit ihrer
Selbstinszenierung über Social Media höchst erfolgreich, obwohl sie im
deutschen Alltag – im Unterschied z. B. zu Frankreich — noch relativ klein ist.
Beleuchtet werden beim Podiumsgespräch die Geschichte der identitären Bewegung, ihre ideologischen Hintergründe sowie die Strukturen und Strategien der Vermarktung.
Fabian Jellonnek ist ein herausragender Experte in dieser Thematik. Er arbeitete als Berater gegen Rechtsextremismus und leitete den Bereich politischer Extremismus bei Jugendschutz.net.
Jellonnek ist Gründer der Organisation Achtsegel.org. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von Strategien gegen Hate-Speech und rechtspopulistische Propaganda im Netz.
Wie menschenverachtend, wie gefährlich ist
das Gedankengut der Identitären für unsere demokratische Ordnung?
Hier vorab schon mal einige Antworten auf diese Frage:
Sie streben eine nationale Homogenität an.
Sie wollen keine Fremden und keine Vermischung der Kulturen.
Personen aus der Nazizeit werden reingewaschen.
Für die Identitäre Bewegung ist die Gegenwart dekadent, weil sie Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen oder mit Behinderungen akzeptiert.
Bei der herbeigesehnten bürgerkriegsähnlichen Situation würden Genderforschung, Antidiskriminierungsgesetze und die Sozialhilfe wegfallen.
Man arbeitet mit Begriffen wie „Kopftuch“,“Integrationslüge“,“oder „Volksverrat“, um die Hegemonie über den öffentlichen Diskurs zu erhalten.
Man versucht eine bürgerliche Fassade mit rebellischem Gestus aufzubauen, um junge Menschen für eine sogenannte „Mitmachbewegung“ zu gewinnen. Die tatsächlichen Strukturen sind jedoch geschlossen und hierarchisch.
Niedrigschwellige Kontaktangebote werben für rassistisches Gedankengut oder für Aktionen gegen die liberale Demokratie.
Die Identitären sind gut vernetzt mit der AFD und deren Jugendorganisation.
Literaturtipp: Expertise von F. Jellonnek und P. Reinesch zur Mediennutzung der Neuen Rechten – darin auch zur Identitären Bewegung: hier
Kommenden Sonntag (27. Jan.) wird Richard Brox um 17 Uhr zu einem Podiumsgespräch ins Mörfelder Museum kommen.
Brox
ist Deutschlands sog. „berühmtester Obdachloser“. Er lebte 30 Jahre lang auf
der Straße.
Er arbeitete mit Günter Wallraff zusammen, beriet ihn bei seinem Film „Unter null“ und ist nun selbst Bestsellerautor.
In seinem Buch „Kein Dach über dem Leben“ beschreibt er eindrucksvoll seine schwierige Kindheit u.a. mit Gewalterfahrungen in Kinder– und Jugendheimen, anschließend Drogen– und Alkoholsucht und Obdachlosigkeit.
Wer auf der Straße lebt, muss lernen, Gewalt, Hass, Hunger und Kälte zu ertragen. Für Richard Brox war die Straße aber auch ein Ort der Freiheit und Selbstbestimmung. Als Berber hat er seine Würde nie verloren. Er schaffte den Neuanfang und schaltete eine Webseite mit Tipps, Adressen und Bewertungen von sozialen Anlaufstellen für „seine Brüder“. So wurde er zu Deutschlands berühmtesten Obdachlosen.
Jetzt
hat er seine Biografie geschrieben, hat sich seinen Traumata und Ängsten
gestellt.
Mit
dem Geld, das er über sein Buch und über Vorträge einnimmt, will er ein Hospiz
und Hotel für Obdachlose gründen, will nun die Hilfe, die er selbst erfahren
hat, weitergeben.
Mit ihm spricht Ulrike Holler über Notunterkünfte, Anlaufstellen, Armut in Deutschland, Hartz IV, den Mangel an Wohnungen und über den Umgang der Behörden mit Obdachlos
Vorab-Telefoninterview des Schülerpraktikanten Lukas Maurer mit Richard Brox:
Herr Brox, Sie sagen in Interviews, dass die Obdachlosen in vielen Unterkünften wie Dreck behandelt werden. Was meinen Sie konkret damit?
Zum Beispiel: Du kommst in eine Notunterkunft, dort gibt es zwei Toiletten. Die eine ist kaputt oder abgeschlossen und die andere ist einfach dreckig. Und wenn du wenigstens Toilettenpapier haben möchtest, antwortet dir der Mitarbeiter: „Du kannst ja wieder gehen, wenn es dir hier nicht passt.“ Ein anderes Beispiel: Das Bett, das dir zugewiesen wird, stinkt nach dem Urin des Vorgängers. Wenn du dich darüber beschwerst, antwortet dir der Betreuer wieder das gleiche.
Grundsätzlich
sollte man beim Schlafen den Hautkontakt mit dem Bett vermeiden, um sich keine Krankheiten,
wie zum Beispiel die Krätze, Virenerkrankungen oder Kopfläuse zu holen. Außerdem
teilst du dein Zimmer normalerweise mit vielen anderen Personen. Die meisten
Obdachlosen sind krank, viele sind HIV positiv. Und wegen den vielen Konflikten
untereinander ist es wichtig, dass an Wochenenden und Feiertagen auch nachts
Betreuer da sind, die man im Zweifelsfall ansprechen kann. Die verschiedenen Gruppen — Alkoholiker,
Drogenabhängige, Spielsüchtige oder psychisch Kranke — soll man untereinander
leben lassen, aber nicht versuchen sie zusammen zu bringen, weil es sonst leicht
zu Konflikten kommen kann.
Das Leben auf der Straße ist sehr hart ist. Kann man sich denn irgendwie dagegen schützen?
Wir alle wissen, wie wichtig es ist, dass wir uns wieder verstärkt öffentlich engagieren: Die wachsende Wählerschaft für rechtspopulistische Parteien ist in sehr vielen europäischen Ländern erschreckend. Auch die Tendenz, autoritäre Politiker und autokratische Systeme zu unterstützen, nimmt zu. Und natürlich gilt: Keine Demokratie ohne demokratisches Engagement der Bürgerinnen und Bürger.
Daher haben wir für diesen Jahrestag in beiden Stadtteilen Aktionen vorbereitet:
Am Nachmittag in Mörfelden:
Um 15:30 treffen wir uns vor dem Mörfelder Rathaus, bilden eine Menschenkette und zitieren dazu prägnante Passagen aus Stéphane Hessels berühmter Schrift „Engagiert euch!“
Stéphane Hessel (1917 — 2013) stammt aus Berlin, emigrierte mit seiner Familie nach Frankreich, leistete dort Widerstand, wurde verhaftet, floh nach England, kam illegal für die Resistance nach Frankreich zurück, wurde erneut verhaftet und ins KZ Buchenwald deportiert. Nach Kriegsende wurde er UNO-Diplomat und formulierte die allgemeine Menschenrechtserklärung mit.
2010 schrieb er im Alter von 93 Jahren den energiereichen Text “Empört Euch!”, der innerhalb kürzester Zeit in 40 Sprachen übersetzt und millionenfach verkauft wurde.
Am Abend in Walldorf:
Um 18:00 treffen wir uns an diesem Tage in Walldorf, bilden eine Menschenkette vom Horváth-Zentrum bis zum buddh. Friedenszentrum und lesen dabei die vor 70 Jahren in Paris verkündete Allgemeine Menschenrechtserklärung.
Unterstützerorganisationen sprechen zudem in beiden Stadtteilen eigene Statements.
19:00 im buddh. Zentrum: Videoschaltungen nach Paris und Genf, Musik mit „Oriental Jazz Quartett“ und ein kurzer Vortrag von Nicole Broder, Mitarbeiterin des Bildungszentrums Anne Frank und anschließend natürlich die Möglichkeit zur Diskussion.
Claus Leggewie ist Professor für Politik– und Kulturwissenschaftler, Mirbegründer und Direktor des Zentrums für Medien und Interaktivität von 2001 — 2007 — mit Forschungsaufenthaltenn und Gastprofessuren in Berlin, Wien, Paris, New York. Von 2007 bis August 2017 leitete er das Kulturwissenschaftliche Institut Essen (KWI). Zum Wintersemester 2015/16 wurde er vom Präsidenten der Justus-Liebig-Universität als erster Amtsinhaber auf die Ludwig Börne-Professur berufen. Seine Forschungsschwerpunkte sind vielfach interkulturelle Fragen wie z.B.: Voraussetzungen und Folgen der kulturellen und religiösen Globalisierung, europäische Erinnerungskonflikte und Geschichtspolitiken, Demokratisierung nichtwestlicher Gesellschaften etc.
Navid Kermani schrieb über ihn: “Claus Leggewie behandelte 1990 die multikulturelle gesellschaft nicht als etwas, das man ablehnt oder befürwortet, begrüßt oder verabschiedet, sondern als eine Wirklichkeit, die in ihrer Vielfalt zu beschreiben, zu analysieren und zu gestalten ist.”
Leggewie beschreibt zu Beginn des Podiumsgespräches die Entwicklung der AfD von der europa– und eurokritischen Anfangsphase bis hin zu rechtspopulistischen und auch rechtsextremen Positionen:
“Im Wechsel der Parteispitze von dem Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke über Frauke Petry zu Alexander Gauland und mit dem wachsenden Einfluss völkisch-autoritärer Politiker wie Björn Höcke und der außerparlamentarischen Pegida-Bewegung verlagerte sich der Schwerpunkt im Verlauf der „Flüchtlingskrise“ auf den Widerstand gegen Immigration v.a. arabischstämmiger und afrikanischer Flüchtlinge und gegen den Islam. Die AfD möchte die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und die angebliche „Umvolkung“ Europas beenden. Ihr Schwerpunkt hat sich so von wirtschaftsliberalen zu ethno-nationalistischen Positionen verschoben; „populistisch“ bleibt die Mobilisierung gegen politische, mediale und intellektuelle Eliten.”
Zahlreiche Oberstufenschüler*innen der Ricarda-Huch-Schule Dreieich, der Bertha-von-Suttner-Schule Mörfelden-Walldorf und der Dreieich-Schule Langen bereiteten sich inhaltlich auf das Podiumsgespräch mit ihm vor.
Leggewie sagt zur Frage der Schüler*innen wohin dies führen kann: “Wo die Rechte erfolgreich bei Wahlen ist, kann dies zu einer Dominanz ihrer Themen in den Medien und die Regierungsbildung bzw. –fähigkeit erschweren, auch zur Einbeziehung in Koalitionen führen, die das politische Spektrum nach rechts verschieben. Wo die Rechte die Regierung stellt, kommt es zur Aufhebung von Bürgerrechten und zur Zerstörung der Gewaltenteilung, bei Widerstand dagegen auch zu Staatsstreichen und Bürgerkriegen und zu Spannungen in der internationalen Politik.”
Zur Frage der Oberstufenschüler*innen, was man denn dagegen tun könne, betont Leggewie als erstes, dass er — trotz der realen Gefahren, die er sehr wohl sehe, gewiss kein Fatalist sein. Doch man dürfe sich thematisch nicht mehr von der AfD beherrschen lassen, müse endlich wieder zu den wirklich bedeutsamen Themen wechseln wie z.B. Klimaschutz, sozialer Wohnungsbau, Beseitigung des Stadt-Land-Gefälles, Vertiefung der europäischen Union … Die Mobilisierung, das Engagement der Demokraten sei jetzt gefragt: Information und aktives politisches Engagement in Parteien, Gewerkschaften, Bürgerinitiativen!
Leggewies neuestes Buch heißt: “Europa zuerst! Eine Unabhänggkeitserklärung.” Darin schreibt er: In der heutigen politischen Debatte spielt der europäische Rechtspopulismus mit fremdenfeindlichen Parolen eine viel zu große Rolle. Doch längst haben starke Gegenbewegungen gebildet, die sich ein freiheitliches, weltoffenes, gerechtes Europa nicht nehmen lassen wollen …”
Mit genauem Blick beschreibt und analysiert Claus Leggewie, einer der wichtigsten Politologen Deutschlands, verschiedene proeuropäische Basisbewegungen und Netzwerke in verschiedenen Ländern des Kontinents: neue Parteien, Vereinigungen , NGOs. Er macht deutlich, warum sie die wahren Europäer sind, wie sie europafeindlichen Strömungen entgegentreten, aber auch, wie man den Stillstand der europäischen Institutionen überwinden kann. Leggewie macht Hoffnung: Das Europa der Zukunft ist basisdemokratisch, kosmopolitisch, bürgernah und sozial gerecht.
Wir überlassen der Neuen Rechten weder die öffentlichen Räume noch den öffentlichen Diskurs” — ein zentraler Slogan der Organisation “Achtsegel”.