Zur Lage der Mei­nungs­frei­heit im Iran

Fort­set­zung

Die Wirt­schafts­wis­sen­schaft­le­rin ist die Initia­to­rin der Kam­pa­gne „Eine Mil­lio­nen Unter­schrif­ten“.  Mit die­ser Initia­tive wollte sie alle Gesetze ver­än­dern, die die ira­ni­schen Frauen diskriminieren.

Bahareh Hedayat (geb. 1981 in Teheran)
Bahareh Heda­yat (geb. 1981 in Teheran)

Seit 16 Jah­ren ist sie mit kurz­zei­ti­gen Unter­bre­chun­gen im Gefängnis.

Und jedes Mal, wenn sie kurz­fris­tig frei­ge­las­sen wurde, zeigte sie, dass sie sich durch will­kür­li­che Haft­stra­fen nicht ein­schüch­tern lässt, sie wurde wie­der bei irgend­ei­nem Pro­test aktiv. Bahareh ist für ihren Mut ebenso bekannt, wie für ihren Scharf­sinn. Zuletzt betei­ligte sie sich im April 2014 an Stu­den­ten­pro­teste gegen den Abschuss der ukrai­ni­schen Pas­sa­gier­ma­schine durch die Revo­lu­ti­ons­gar­den. 300 Men­schen, haupt­säch­lich ira­ni­sche Stu­den­ten und Aka­de­mi­ker, die im Aus­land leb­ten, waren dabei ums Leben gekommen.  

Aus dem Gefäng­nis mel­det sich Bahareh regel­mä­ßig mit lite­ra­ri­schen Essays, Gesell­schafts­ana­ly­sen und genauen Beschrei­bun­gen der Ver­hält­nisse in den ira­ni­schen Gefäng­nis­sen.
Wäh­rend ihrer Haft über­setzte sie Dave Eggers Buch „The Cir­cle“ und David Mit­chells „Cloud Atlas“ auf Papier­stü­cke, die sie gerade in ihrer Zelle fin­den konnte.

Pla­kat der Inter­na­tio­na­len Gesell­schaft für Men­schen­rechte (IGFM), gegr. 1972 in Frank­furt a. M.

Aus dem Gefäng­nis mel­det sich Bahareh regel­mä­ßig mit lite­ra­ri­schen Essays, Gesell­schafts­ana­ly­sen und genauen Beschrei­bun­gen der Ver­hält­nisse in den ira­ni­schen Gefäng­nis­sen.
Wäh­rend ihrer Haft über­setzte sie Dave Eggers Buch „The Cir­cle“ und David Mit­chells „Cloud Atlas“ auf Papier­stü­cke, die sie gerade in ihrer Zelle fin­den konnte.

Aus dem Gefäng­nis mel­dete sich Bahareh am 20. März 2023 mit einer Gra­tu­la­tion zum neuen per­si­schen Jahr und blickte zurück auf das ver­gan­gene, als ein Wen­de­jahr der ira­ni­schen Geschichte.

Pro­teste gegen die Will­kür der Herr­schen­den habe es in den letz­ten 40 Jah­ren zuhauf gege­ben, schreibt sie und bezeich­net das neue Jahr als ein Schick­sals­jahr. Mit dem bewun­derns­wer­ten Frau­en­auf­stand, der das Land nach der Ermor­dung der kur­di­schen Stu­den­tin Mahsa Amini erfasste, beginne der Anfang vom Ende der Isla­mi­schen Repu­blik, so Bahareh weiter.

Durch diese größte Macht­krise der Herr­schen­den, erfuhr auch die breite Öffent­lich­keit im Aus­land, dass es einen ande­ren Iran gäbe als jenen, den man bis dahin kannte, so Bahareh weiter.

Tat­säch­lich wurde die Welt­öf­fent­lich­keit mit Bewun­de­rung Zeuge, wie eine junge, vor allem weib­li­che Gene­ra­tion mit dem Ruf „Leben, Frau, Frei­heit“, sich mutig und krea­tiv den Schi­ka­nen einer bru­ta­len, reli­giö­sen Macht wider­setzt. Hun­derte wur­den getö­tet, Zehn­tau­sende ver­haf­tet, min­des­tens 580 Demons­tran­ten ver­lo­ren nach einem Bericht der New York Times ihr Augenlicht.

Die Betrof­fe­nen berich­te­ten den Repor­tern, Sicher­heits­kräfte hät­ten absicht­lich auf ihre Augen gezielt.

Eine von ihnen ist die Allgemein-Medizinerin Elaheh Tawak­ko­lian.

Nach ihrem Diens­tende im Kran­ken­haus geht sie an einem Novem­ber­tag in Tehe­ran auf die Straße, schließt sich den Demons­tran­ten an, die ver­mumm­ten Trup­pen zie­len mit Schrot­flin­ten auf die Ober­kör­per der Protestierenden.

Tavaklian sagt in die­sem Video: „Heute wer­den sie die­sen unge­be­te­nen Gast aus mei­nem Auge ent­fer­nen. Er kommt von einer Par­tei, die sehr gewalt­tä­tig war, eine Par­tei, die sehr grau­sam war und Grau­sam­keit mit sich brachte. [Aber] ich lebe, um diese Ereig­nisse dar­zu­stel­len und die­sen Ver­rat zu zeigen.“

Elaheh ver­liert ihr lin­kes Auge. Nach fast vier Mona­ten lässt sie sich am 23. März 2023 in einem Mai­län­der Kran­ken­haus die Kugel aus ihrem Auge her­aus­ope­rie­ren. Vor und nach der Ope­ra­tion sen­det sie auf ihrem Instragram-Account Fotos von sich, mit der Bemer­kung, sie werde die her­aus­ope­rierte Kugel als einen ewi­gen Beweis für die Feind­se­lig­keit des schii­ti­schen Kle­rus gegen die Frauen aufbewahren.

Nach mona­te­lan­ger mas­si­ver Repres­sion ver­kün­dete das Regime, zwan­zig­tau­send Gefan­gene der letz­ten Unru­hen seien von Ali Kha­menei begna­digt wor­den.  Doch diese Mel­dung erwies sich spä­ter als reine Propaganda. 

Der beste Beweis ist das Schick­sal zweier Jour­na­lis­tin­nen, die seit dem Tod von Mahsa Amini am 20. Sep­tem­ber inhaf­tiert sind.

Die Jour­na­lis­tin­nen Elahe Moham­madi und Nilufar Hamedi — die Har­vard Uni­ver­si­tät zeich­nete sie nun im Früh­jahr 2023 mit dem Preis für jour­na­lis­ti­sche Auf­rich­tig­keit aus.

Elahe Moham­madi war die erste Jour­na­lis­tin, die nach der Ein­lie­fe­rung von Mahsa Amini bei ihr im Kran­ken­haus war. Sie machte das berühmte Foto von der ster­ben­den jun­gen Frau, die von der Sit­ten­po­li­zei ermor­det wor­den war. Ihre Kol­le­gin Nilufar Hamedi hatte über Mah­sas bewe­gende Beer­di­gung in ihrer Hei­mat­stadt berich­tet. Beide sit­zen seit­dem ohne Anklage in Ein­zel­haft, nie­mand durfte sie bis jetzt besu­chen, auf Web­sei­ten, die den Revo­lu­ti­ons­gar­den nahe­ste­hen, wird von Spio­na­ge­tä­tig­keit und aus­län­di­schen Auf­trä­gen schwadroniert. 

Diese Jour­na­lis­tin­nen waren im Auf­trag ihrer Redak­tio­nen unterwegs.

Kon­se­quen­zen einer Unterschrift

Fate­meh Sepehri wurde zu 18 Jah­ren Gefäng­nis ver­ur­teilt, weil sie sich für den Rück­tritt von Kha­menei aussprach.

Am 24. März mel­de­ten die ira­ni­schen Medien, Fate­meh Sepehri sei zu 18 Jah­ren Gefäng­nis ver­ur­teilt wor­den. Fate­mehs Lebens­ge­schichte liest sich wie ein Lehr­buch über die Isla­mi­sche Republik.

Sie kommt 1964 in Mash­had in einer tra­di­tio­nel­len, armen Fami­lie zur Welt: Fate­meh, die nie­mals gegen die isla­mi­sche Klei­der­ord­nung ver­sto­ßen hat, konnte auf­grund ihrer fami­liä­ren Ver­hält­nisse nicht stu­die­ren. Sie ist eine Self­ma­de­frau: Im Alter von 40 Jah­ren bestand sie die Uni-Aufnahmeprüfung und erlangte einen Bachelor-Abschluss in Betriebs­wirt­schaft an der Ferdowsi-Universität in Mashhad.

Mit ihrem Bru­der Moham­mad Hos­sein gehört sie zu den Unter­zeich­nern einer Erklä­rung von 14 poli­ti­schen Akti­vis­tin­nen und Akti­vis­ten, die den Rück­tritt von Ali Kha­menei von sei­nem Pos­ten als Obers­ter Füh­rer der Isla­mi­schen Repu­blik for­dern. Spä­ter tritt sie offen für die Abschaf­fung der Isla­mi­schen Repu­blik auf und for­dert die Errich­tung eines demokratisch-säkularen Staats.

Fate­meh trat in ihren Inter­views vor ihrer Ver­haf­tung immer mit Tscha­dor auf, zeigte nie ihre Haare. Das hat ihr nicht genutzt. Wei­tere 18 Jahre ihres Lebens wird sie wegen ihrer Unter­schrift und ihrer Beharr­lich­keit im Gefäng­nis ver­brin­gen müssen.

Das Gefäng­nis von Mash­had (Vaki­l­a­bad Prison)

Es waren nur einige Bei­spiele von Tau­sen­den. Wollte man alle Schick­sale jener Opfer beschrei­ben, die in der 40-jährigen Geschichte der Isla­mi­schen Repu­blik gefol­tert, ermor­det wor­den sind oder ihre bes­ten Lebens­jahre in den dunk­len Ver­lie­sen ver­brin­gen muss­ten, ent­stün­den mit Sicher­heit dicke Wälzer.  

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Behareh Hedayat nach ihrer Berfreiung aus dem Qarchak Gefängnis, Febr. 2018
Behareh Heda­yat direkt nach ihrer Ent­las­sung aus dem Tehe­ra­ner Frau­en­ge­fäng­nis Qar­chak, Febr. 2018

 

Die mutige und furchtlose Bewegung des Frauenwiderstandes im Iran findet weltweit Unterstützung - hier durch eine Lesung iranischer Literatur im Schauspielhaus.
Die mutige und furcht­lose Bewe­gung des Frau­en­wi­der­stan­des im Iran fin­det welt­weit Unter­stüt­zung — hier durch eine Lesung ira­ni­scher Lite­ra­tur im Schau­spiel­haus. Hamburg.

 

Iranerinnen verbrennen öffentlich die Kopftücher,  die sie durch den Staat verpflichtet sind zu tragen.
Ira­ne­rin­nen ver­bren­nen öffent­lich die Kopf­tü­cher, die sie durch den Staat ver­pflich­tet sind zu tragen.

 

Tavaklian lächelnd, mit einer Blume vor ihrem zerstörten Auge.
Tavaklian lächelnd, mit einer Blume vor ihrem zer­stör­ten Auge.

 

Das TIME Magazin zeichnet Nilufar Hamedi und Elaha Mohammadi 2022 als zwei der 100 "einflussreichsten Persönlichkeiten" des Jahres 2022 aus.
Das TIME Maga­zin zeich­net Nilufar Hamedi und Elaha Moham­madi 2022 als zwei der 100 “ein­fluss­reichs­ten Per­sön­lich­kei­ten” des Jah­res 2022 aus.

 

Die Human Rights Campaign protestiert im November 2022 gegen ihre Inhaftierung. Sie bezeichnet dies als Versuch der Regierung, lediglich die iranische Protestbewegung zu diskreditieren.
Die Human Rights Cam­paign pro­tes­tiert im Novem­ber 2022 gegen ihre Inhaf­tie­rung. Sie bezeich­net dies als Ver­such der Regie­rung, ledig­lich die ira­ni­sche Pro­test­be­we­gung zu diskreditieren.

 

 

 

National Union for Democracy im Iran fordert: Free Fatemeh Sepehri
Natio­nal Union for Demo­cracy im Iran for­dert: Free Fate­meh Sepehri