Ibolyas Elternhaus in Pápa
Ibolya ist eine der 1.700 in Walldorf inhaftierten jungen ungarischen Jüdinnen. 1997 erzählt sie den 12. Klässlern der Bertha-von-Suttner-Schule:
„Ich bin hier in Pápa aufgewachsen — in ziemlich einfachen Verhältnissen. Sechs Geschwister waren wir zu Hause. Verwöhnt war ich gewiss nicht. Unsere kleine Stadt hatte damals 20.000 Einwohner, davon waren ungefähr 3.000 Juden.
Am Anfang schien alles ganz normal. Ich bin 1921 geboren, habe hier die Schule besucht, konnte sogar noch eine Handelsausbildung machen und danach in einer Anwaltskanzlei arbeiten. Dann kam allmählich die Zeit, in der ein jüdisches Mädchen nicht mehr viel wert war. Man wurde in der Öffentlichkeit gedemütigt. Man hat uns auf der Straße angespuckt. Im März 1944 kamen die Deutschen hierher. Da konnten wir nichts dagegen tun. Wir mussten alle ins Ghetto. Mit einem Bretterzaun hat man uns abgetrennt vom Rest der Stadt. Viele, viele Menschen waren plötzlich in einer Wohnung zusammengedrängt. Es gab am Tag nur eine Stunde, in der wir rausgehen und etwas einkaufen konnten. Überall gab es Wachen; es waren ungarische Gendarmen. Vom Ghetto aus kamen wir in eine Ziegelei. Dort gab es für uns keine Häuser, sondern nur Überdachungen ohne Seitenwände. Die Juden der ganzen Stadt Pápa lagen dort auf dem Boden, dicht nebeneinander. Da hat das Ganze für uns schon angefangen … Einige haben Selbstmord gemacht.“