Pressemitteilung zum Podiumsgespräch mit György Dalos:
.Alle Mitgliedsländer in der Europäischen Union haben das gemeinsame Recht (acquis communautaire) und die Kopenhagener Kriterien akzeptiert, d.h. institutionelle Stabilität als Garantie für Demokratie, Rechtsstaat und Minderheitenschutz. Viel ist in der EU von „unseren gemeinsamen Werten“ die Rede, doch tritt mittlerweile deutlich zu Tage, dass es kein gemeinsames Verständnis von den demokratischen Freiheitsrechten gibt. Allenthalben gelingt es Rechtspopulisten, die Entfremdung zwischen Volk und Eliten zu brandmarken und Stimmung gegen „das System“ zu mobilisieren. Für alle Krisenerscheinungen macht ihre nationalistische und souveränistische Agitation „Brüssel“ verantwortlich. Die Speerspitze dieser Tendenzen ist Ungarn. Victor Orbán ging nach und nach dazu über, Meinungsfreiheit und Unabhängigkeit der Justiz massiv einzuschränken …
Die Speerspitze dieser Tendenzen ist Ungarn. Victor Orbán ging nach und nach dazu über, Meinungsfreiheit und Unabhängigkeit der Justiz massiv einzuschränken. Der Begriff „illiberale Demokratie“, den sich seine Politstrategen ausgedacht haben, führt in die Irre. In Wirklichkeit wurde die Demokratie in ein autoritäres System umgewandelt. Die Zeitschrift „Osteuropa“ kam schon 2018 zu dem Schluss, Ungarn könnte in seiner heutigen Verfassung nicht mehr Mitglied der EU werden, da es die Kopenhagener Kriterien nicht erfüllt.
Wer nun geglaubt hatte, Orbáns dauernde Angriffe gegen die liberale westliche Demokratie in der EU und seine unverhohlene Kumpanei mit Vladimir Putins Autokratie werde nach dem Angriffskrieg gegen die Ukraine seine Abwahl bewirken, sah sich am Wahlabend des 3. April 2022 eines Schlechteren belehrt. Gegen die gesamte vereinigte Opposition gelang es Orbáns Partei Fidesz, 135 der 199 Sitze im Parlament zu erringen und sich damit die seit 2010 bestehende Zweidrittelmehrheit aufs Neue zu sichern. Der Kampf des autoritär agierenden Staates gegen die schwache Opposition geht weiter. Dabei ist die Entrechtung der innenpolitischen Gegner so effektiv, dass man kaum noch auf eine Rückkehr zu freiheitlichen Verhältnissen zu hoffen wagt.
Unser Gast, György Dalos, analysiert und beschreibt die Entwicklung Ungarns kenntnisreich und nie ohne einen treffenden Witz. Dalos ist ein klarsichtiger und unbe– stechlicher Zeitgenosse wie kein anderer, wenn es um die Entwicklung seines Heimatlandes Ungarn geht.
In seinem neuen Buch „Das System Orbán“ entlarvt er den von Ministerpräsident Orbán und den inneren Machtzirkeln der Fidesz-Partei skrupellos betriebenen autoritären Umbau von Staat und Gesellschaft Ungarns.
Für sein Wirken wurde György Dalos vielfach ausgezeichnet.
Im Gespräch mit Bruno Schoch (Hessische Stiftung Friedens– und Konfliktforschung, Frankfurt/Main) beleuchtet er Fragen und Probleme der jüngeren ungarischen Geschichte und Gegenwart. Zudem wird erörtert, wie die EU dazu beitragen kann, dass ein Ausweg aus der autoritären Gegenwart möglich wird.
Eine Veranstaltung der Horváth-Stiftung, der Heinrich-Böll-Stiftung Hessen in Koope– ration mit dem Börsenverein des deutschen Buchhandels und dem C.H.Beck Verlag.
Die Veranstaltung findet in Präsenz statt und wird gleichzeitig über YouTube gestreamt.
Kein Eintritt. FFP 2 Masken sollen während der Veranstaltung getragen werden.